Basisinformationen 

 

Die Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine Demenzerkrankung, die erstmalig um das Jahr 1900 von dem Prager Neurologen Arnold Pick beschrieben wurde. Sie beginnt oft schon vor dem 60. Lebensjahr mit Veränderungen der Persönlichkeit und mit Sprachstörungen. Man unterscheidet anhand der Symptomatik drei Formen der FTD: 1.) die Krankheitsform mit Verhaltensstörungen (behavioral variant, BV),  2.) die semantische Demenz (SD), und 3.) die progrediente, nicht-flüssige Aphasie (PNFA). Während die BV z.B. durch eine Wesensänderung, emotionale Verflachung und ein verändertes Sozialverhalten charakterisiert ist, stehen bei der SD und PNFA Störungen der Sprache in unterschiedlicher Ausprägung im Vordergrund. Bei der SD kommt außerdem eine Störung des Erkennens von Objekten und Personen hinzu.

Die Unterschiede zwischen diesen Krankheitsformen sind insbesondere zu Beginn der Erkrankung deutlich. Dies hängt damit zusammen, welche Hirnareale zuerst durch die Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen werden. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es zu zunehmenden Einschränkungen in sämtlichen Bereichen der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsfertigkeiten.

Die Erkrankung ist seltener als die Alzheimer-Demenz und betrifft etwa 4 von 100.000 Personen im Alter zwischen 45 und 65 Jahren.

 

Krankheitsursache 

 

Vermutlich führen verschiedene neurobiologische Krankheitsprozesse zur FTD. Bei einem erheblichen Teil der Patienten spielen Veränderungen des Tau-Proteins eine entscheidende Rolle. Das Tau-Protein dient normalerweise als „Klebstoff“ für die Stützeiweiße der Nervenzellen. Unter krankhaften Bedingungen können sich Anhäufungen (Aggregate) von Tau-Protein und Stützeiweißen der Nervenzellen bilden, die die Nervenzellen schädigen. Bei einem Teil der Patienten mit FTD wurden Mutationen des Gens, das das Tau-Protein kodiert, als Krankheitsursache identifiziert. Die Symptomatik der FTD kommt dadurch zustande, dass sich diese Prozesse vorwiegend im Stirn- und Schläfenlappen abspielen. Diese Gehirnregionen nehmen eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Verhaltens, beim Sprachverständnis und der Sprachproduktion ein.

Die Störung des Tau-Proteins ist möglicherweise ein Ansatzpunkt für eine ursächliche Behandlung der FTD. 

 

Verlauf 

 

Im Vordergrund der Symptomatik stehen Verhaltensstörungen, Persönlichkeitsveränderungen und Sprachstörungen. Bei den Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen zeigen sich zwei gegensätzliche Symptomkomplexe, die abwechselnd oder nebeneinander bestehen können. Das sind zum einen Symptome der Enthemmung (z.B. Euphorie, Kritiklosigkeit, allgemeine und sexuelle Enthemmung, Distanzlosigkeit), zum anderen Symptome der Verflachung (z.B. Apathie, Antriebslosigkeit, Vernachlässigung der Körperpflege bis hin zur Verwahrlosung). Ein besonders typisches Symptom ist die Verminderung der Fähigkeit, sich in andere Personen hineinzuversetzen. Das kann dann zu rücksichtslos oder unpassend wirkenden Verhaltensweisen führen, die sich jedoch nicht durch Defizite in moralischer Hinsicht sondern durch die Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit erklären. Der Krankheitsverlauf ist chronisch-fortschreitend und führt nach einigen Jahren zu weitgehender Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit.

 

Behandlung 

 

Die Behandlung der FTD stellt Angehörige, Ärzte und Helfer vor eine schwierige Aufgabe. Der im Vergleich zur Alzheimer-Demenz frühere Krankheitsbeginn und die oft ausgeprägten Persönlichkeitsveränderungen und Verhaltensstörungen erfordern besondere Umgangs- und Vorgehensweisen.

Was die medikamentöse Therapie betrifft, so ist bislang lediglich eine symptomatische Behandlung der FTD möglich. Sie kann vor allem mit Acetylcholinesterase-Hemmern (insbesondere Rivastigmin) und selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (insbesondere Paroxetin) erfolgen. Eine weitere medikamentöse Behandlungsoption besteht in dopaminerg wirksamen Substanzen, z.B. Moclobemid. Diese Medikamente können jedoch nur die Symptome der FTD lindern. Eine Behandlung dieser Patienten mit Neuroleptika oder Antipsychotika kann zu starken Nebenwirkungen führen, so dass erforderlichenfalls medikamentöse Alternativen in Betracht kommen.

Eine ursächliche medikamentöse Behandlung der frontotemporalen Demenz ist bislang noch nicht allgemein verfügbar. Es gibt jedoch Hinweise auf eine Wirksamkeit von Methylenblau. In tierexperimentellen Untersuchungen zeigte sich, dass Methylenblau die Aggregate von Tau-Protein und Stützeiweißen der Nervenzellen auflösen und auf diese Weise das Krankheitsgeschehen verlangsamen oder stoppen kann. Ein Fallbericht zur therapeutischen Wirksamkeit von Methylenblau bei frontotemporaler Demenz unterstützt diese Annahme.

Für die Beratung von Patienten und Angehörigen stehen wir gerne in einem mit den Alzheimer-Gesellschaften Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gemeinsam durchgeführten Projekt zur Verfügung.