Ist Vorbeugung möglich?
Gedächtnisstörungen können verschiedenen Ursachen zugrunde liegen, auf die oftmals durch gezielte Maßnahmen eingewirkt werden kann. Selbst die Alzheimer-Demenz, die lange als „schicksalhafte“ Erkrankung galt, ist nur in den wenigsten Fällen vorrangig genetisch bedingt, sondern wird meist durch das Zusammenwirken verschiedener Risikofaktoren verursacht. Schätzungen zufolge geht etwa die Hälfte aller Fälle von Alzheimer-Demenz auf beeinflussbaren Risikofaktoren zurück1. Dies bedeutet, dass eine Prävention von Gedächtnisstörungen und Demenz in vielen Fällen möglich ist.
Man unterscheidet hierbei grundsätzlich zwei Stufen der Krankheitsvorbeugung:
- Primärprävention: Maßnahmen für gesunde Personen, bei denen noch keinerlei Krankheitssymptome bestehen.
- Sekundärprävention: Maßnahmen für Personen, bei denen sich schon erste Zeichen der Erkrankung zeigen.
Der Unterschied zwischen Primär- und Sekundärprävention besteht in erster Linie in der unterschiedlichen Gewichtung und Dringlichkeit der vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen.
Risikofaktoren von Alzheimer-Demenz
Ansatzpunkt für präventive Maßnahmen sind die beeinflussbaren Risiko- und Schutzfaktoren, die das Erkrankungsrisiko für Alzheimer-Demenz maßgeblich mitbedingen.
Bekannte Risikofaktoren für die Alzheimer-Demenz sind
- genetische Faktoren (familiäre Belastung, Apolipoprotein E-Genotyp)
- Stoffwechselstörungen (erhöhter Cholesterinspiegel, erhöhter Blutzuckerspiegel, erhöhter Homocysteinspiegel, Übergewicht)
- andere Gefäßrisikofaktoren (Bluthochdruck, körperliche Inaktivität)
- passiver Lebensstil (wenig geistige und körperliche Aktivität)
Ein gezieltes Einwirken auf die beeinflussbaren Risikofaktoren kann das Erkrankungsrisiko deutlich senken. Dafür sprechen auch zahlreiche Ergebnisse internationaler wissenschaftlicher Studien. So zeigt eine aktuelle Langzeitstudie aus Finnland mit mehr als 1.200 Teilnehmern mit erhöhtem Demenzrisiko, dass gezielte Vorsorgemaßnahmen mit einer Aufrechterhaltung oder gar Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit einhergehen3.
Bedeutsam sind hierbei auch die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Risikofaktoren, z.B. zwischen bestimmten genetischen Merkmalen (Epsilon 4-Allel des Apolipoprotein E) und Stoffwechselstörungen (erhöhter Cholesterinspiegel). Diese Wechselwirkungen sollten bei bekanntem Risikoprofil idealerweise in die Planung der präventiven Maßnahmen miteinbezogen werden.
Prävention schon ab dem mittleren Lebensalter sinnvoll
Eine Demenz liegt nach den gültigen diagnostischen Kriterien vor, wenn sich erste Symptome in Form nachweisbarer kognitiver Beeinträchtigungen zeigen. Im Falle der Alzheimer-Demenz geht den ersten Symptomen jedoch eine lange Phase voraus, in der sich die Erkrankung „still“ entwickelt. So ist davon auszugehen, dass bereits ein bis zwei Jahrzehnte, bevor die ersten Symptome in Erscheinung treten, Alzheimer-typische Veränderungen im Gehirn stattfinden, z.B. die Bildung von Beta-Amyloid-Ablagerungen2. Hinzu kommt, dass einige Risikofaktoren bereits im mittleren Lebensalter Auswirkungen auf das spätere Erkrankungsrisiko haben. Studien weisen z.B. darauf hin, dass Personen mit Übergewicht oder Bluthochdruck im mittleren Lebensalter später häufiger an einer Demenz erkranken1.
Ob und wann die ersten Symptome auftreten, wird also maßgeblich durch das Zusammenwirken verschiedener Risiko- und Schutzfaktoren beeinflusst. Diese Faktoren sind Ansatzpunkt für präventive Maßnahmen.
Die Primärprävention von Gedächtnisstörungen und Demenz beginnt daher idealerweise schon im mittleren Lebensalter. Meist entsteht das Bewusstsein für die Erkrankung jedoch erst später – auch dann kann eine Primärprävention noch sinnvoll umgesetzt werden.
Sind bereits erste Symptome aufgetreten, ist die rasche Einleitung einer Sekundärprävention zu empfehlen. Je früher eine Behandlung beginnt, desto länger kann im Allgemeinen der Verlauf der Erkrankung hinausgezögert werden.
Generell kann die Prävention von Erkrankungen eher allgemein oder eher individuell ausgerichtet sein. Der Vorteil einer individuellen Ausrichtung der Prävention besteht darin, dass die Maßnahmen gezielt auf die „Problembereiche“ des Einzelnen ausgerichtet werden können und somit eine deutlich höhere Wirksamkeit versprechen. Dies gilt auch für die Gedächtnisvorsorge: Maßnahmen sollten sich am individuellen Risikoprofil der Person orientieren und gezielt hierauf angepasst werden. Ein allgemeingültiges Patentrezept zur Prävention gibt es bei der Gedächtnisvorsorge nicht.
Prävention am ISPG
Am ISPG wird das Präventionsprojekt Kogifit® Plus durchgeführt, das sich an Personen ab 50 Jahren richtet. Es basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Entstehung und Vorbeugung von Gedächtnisstörungen und Demenz.
Bei Kogifit® Plus werden durch umfassende medizinische und neuropsychologische Untersuchungen Risikofaktoren systematisch erhoben. Die Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsleistung sowie andere wichtige Aspekte der geistigen Gesundheit werden eingehend untersucht. Dazu wird auch der computergestützte Merkfähigkeits- und Aufmerksamkeitstest (MAT) verwendet. Anhand der Untersuchungsergebnisse kann für jeden Teilnehmer ein individuelles Risikoprofil ermittelt werden.
Auf dieser Basis lassen sich eine Einschätzung zum Erkrankungsrisiko, eine Früherkennung bereits bestehender Gedächtnisstörungen und eine eingehende Beratung zu gezielten Vorsorge- bzw. Therapiemaßnahmen vornehmen. Die Empfehlungen können – je nach Befund – eher primär- oder eher sekundärpräventiv ausgerichtet sein.
Die erhobenen Daten werden in anonymisierter Form wissenschaftlich ausgewertet, um die bisherigen Erkenntnisse zur Gedächtnisvorsorge zu erweitern.
Bei Interesse an der Teilnahme an Kogifit® Plus finden Sie hier nähere Informationen.
1 Barnes, D. E., & Yaffe, K. (2011). The projected effect of risk factor reduction on Alzheimer‘s disease prevalence. The Lancet Neurology, 10(9), 819-828
2 Ngandu, T. et al. (2015). A 2 year multidomain intervention of diet, exercise, cognitive training, and vascular risk monitoring versus control to prevent cognitive decline in at-risk elderly people (FINGER): a randomised controlled trial. The Lancet, 385(9984), 2255-2263
3 Villemagne, V. et al. (2013) Amyloid ß deposition, neurodegeneration, and cognitive decline in sporadic Alzheimer’s disease: a prospective cohort study.The Lancet Neurology, 12: 357–67